Personalpolitik
Wie veränderten sich die Einstellungskriterien im Laufe der Zeit?
Die Kriterien, nach denen im BMI Personal eingestellt wurde, veränderten sich mit den Jahren allmählich. Erfahrung in der Verwaltungsarbeit war von Beginn an das wichtigste Kriterium bei der Einstellung von neuem Personal. Zwar wurde stets nach der Mitgliedschaft in NS-Organisationen gefragt, als Einstellungshindernis galt diese jedoch zu keiner Zeit. So lag im BMI bereits in den ersten Monaten die Quote ehemaliger NSDAP-Mitglieder bei 50 Prozent. In den Anfangsjahren wurde noch verstärkt darauf geachtet, dass diese nicht mehrheitlich die höheren Positionen besetzten. Mit dem 1951 verabschiedeten Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen änderte sich dies. Durch das Gesetz erhielten viele ehemalige Beamte und Wehrmachtsangehörige, die 1945 ihre Stelle verloren hatten, ein Recht auf Anstellung in eine Position, die ihrer alten Dienststellung entsprach. In der Folge kamen verstärkt Mitarbeiter in das BMI, die bereits im Nationalsozialismus in staatlichen Diensten gearbeitet hatten. Trotz der Lockerung bezüglich einer NSDAP-Mitgliedschaft hatte weiterhin jeder Bewerber im BMI eine Selbstauskunft auszufüllen, in der auch nach der früheren Mitgliedschaft in NS-Organisationen gefragt wurde. Auch ein Entnazifizierungsbescheid musste stets beigelegt werden. Dieses Verfahren rief jedoch auch Kritik hervor. Der Deutsche Beamtenbund bezeichnete es als „verfassungswidrig“ und kämpfte gegen dessen weitere Anwendung, wenn auch ohne Erfolg. Noch 1970 gehörten Fragebogen und Entnazifizierungsbescheid zum formellen Bewerbungsverfahren im BMI, obwohl hierbei die Frage nach einer NS-Belastung für die Personalauswahl im Laufe der Zeit immer weiter in den Hintergrund rückte. Es kam jedoch auch weiterhin vor, dass eine ehemalige Mitgliedschaft in der NSDAP oder anderen NS-Organisationen im Fragebogen einfach verschwiegen wurde.
In der DDR konnte von den strengen Einstellungskriterien abgewichen werden, wie sich am Beispiel jener Bereiche zeigen lässt, in denen wissenschaftliche Expertise vonnöten war. Die anfängliche Strategie, keine ehemaligen Mitglieder der NSDAP einzustellen, konnte dort in der Praxis nicht lange beibehalten werden. Es zeigten sich Schwierigkeiten, qualifizierte Mitarbeiter anzuwerben, welche in keinerlei Verbindung zum NS-Regime gestanden hatten. Eine NSDAP-Mitgliedschaft wurde dann beispielsweise nicht zu einem Ausschlusskriterium, auch dann nicht, wenn die Personen keine Antifa-Schulen besucht hatten und dadurch gewissermaßen als rehabilitiert galten. Das MdI überprüfte unter anderem mit Hilfe des MfS seine Mitarbeiter im Verdachtsfall sehr gründlich auf ihre berufliche Vergangenheit und hinterfragte ihre politische Einstellung. Eine glaubhafte Identifikation mit dem Kommunismus wog eine NS-Belastung mitunter auf.
David Schwalbe