MdI

Richard Dombrowsky

(1911-1987)

Richard Dombrowsky verfügte über keine herausgehobene kommunistische Biografie. Trotzdem konnte er im Ministerium des Innern in höchste Leitungspositionen aufsteigen. Nachdem jedoch 1959 seine frühere Mitgliedschaft in der SA bekannt wurde, musste er von allen Ämtern zurücktreten.

FotografIn: unbekannt, Quelle: BArch DO 1/ 89786

Porträt von Richard Dombrowsky aus den 1950er Jahren

Ohne einschlägige kommunistische Biografie bis zum Leiter der Volkspolizei

Richard Dombrowsky war in den 1920er Jahren als ungelernter Arbeiter in einem Textilbetrieb tätig. 1929 trat er in den Rotfrontkämpferbund ein, der jedoch noch im selben Jahr verboten wurde. Mitglied in der KPD war er vor 1945 jedoch nicht gewesen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten meldete sich Dombrowsky im November 1933 zum Beitritt in die SA, der er zumindest ein Jahr angehörte. Bis 1937 war er beim Autobahnbau eingesetzt.

Bereits wenige Monate nach seinem Einsatzbefehl als Frontsoldat geriet er im Herbst 1943 in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Dort trat er dem Nationalkomitee Freies Deutschland bei. In sowjetischer Gefangenschaft besuchte er mehrere Antifa-Schulen, in welcher die Gefangenen zu Vorkämpfern der kommunistischen Sache erzogen werden sollten. Dombrowsky qualifizierte dies nach Ende der Kriegsgefangenschaft zum Einsatz beim Aufbau einer neuen Polizei in der Sowjetischen Besatzungszone. Nach einem nur vierwöchigen Lehrgang an der Polizeischule Sachsen wurde er Chef der Landespolizeibehörde Sachsen-Anhalt. In dieser Position unterstrich Dombrowsky seine politische Zuverlässigkeit und bewährte sich für höhere Aufgaben. Sein schneller beruflicher Aufstieg im DDR-Staatsapparat war auch möglich, da er in den obligatorischen Personalfragebögen zwar seine Mitgliedschaft im Rotfrontkämpferbund angegeben hatte, die Zugehörigkeit zur SA jedoch nicht.

Innerhalb des MdI stieg Dombrowsky zunächst zum Hauptabteilungsleiter der Kriminalpolizei und schließlich zum Chef der Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei auf. Nachdem die verschwiegene Mitgliedschaft in der SA im Jahr 1959 doch bekannt wurde, erhielt Dombrowsky eine Parteistrafe und musste aus dem MdI ausscheiden. Wohl um sich nicht öffentlich eingestehen zu müssen, dass selbst in der sich als antifaschistischen Staat verstehenden DDR, ein ehemaliges SA-Mitglied in eine hohe Position aufzusteigen vermochte, wurde der wahre Grund für die Versetzung verschwiegen. Selbst in der internen Personalakte findet sich hierzu kein Wort. Dort ist allein von gesundheitlichen Gründen die Rede.

Eine Erklärung für dieses Vorgehen ist in der Kampagnenpolitik der DDR gegenüber der Bundesrepublik zu suchen. Mit dieser versuchte die ostdeutsche Staatsführung den westdeutschen Staat als weiterhin faschistisches System zu brandmarken. Das westdeutsche BMI wurde in diesem Zusammenhang als „Faschistennest“ bezeichnet. Ein ehemaliges SA-Mitglied in Schlüsselpositionen des Staates durfte in diesem Fall nicht öffentlich bekannt werden.

Trotz seines Vergehens wurde Dombrowsky weiterhin im Staatsdienst beschäftigt. Bis zu seinem Renteneintritt im Jahre 1978 war er Angestellter der DDR-Zollverwaltung. Richard Dombrowksy verstarb 1987 in Ost-Berlin.

David Schwalbe

Lebenslauf

1.7.1911: geboren in der Nähe von Potsdam

1925-1929: Beschäftigt als Textilarbeiter

1929-1934: Arbeitslosigkeit

1929: Mitglied im Rotfrontkämpferbund (RFB)

1933: Eintritt in die SA

1934-1937: Einsatz im Autobahnbau und als Tiefbauarbeiter

1937-1943: Maschinenarbeiter

Juni 1943-Okt.1943: Wehrmachtssoldat
 
Okt. 1943-Mai 1945: Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion

1945: Eintritt in die KPD/SED

Juni 1945-Aug. 1959: Angestellter bei der Deutschen Volkspolizei

1947-1951: Leiter der Kriminalpolizei in Sachsen-Anhalt

1951-1955: Leitung der Hauptabteilung Kriminalpolizei in der Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei 

1955-1957: Stellvertretender Chef der Deutschen Volkspolizei

1957-1959: Leitung der Hauptverwaltung der Deutschen Volkspolizei

1959-1978: Angestellter bei der Zollverwaltung der DDR, Amt für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs

3.4.1987: verstorben in Ost-Berlin

Weitere Biografien