Netzwerke

Das Einstellungsverfahren von Bewerberinnen und Bewerbern sowohl im MdI als auch im BMI war ein komplexer und vielschichtiger Prozess (siehe Personalpolitik). Dabei lässt sich der Einfluss der Netzwerke auf die Personalauswahl nur indirekt nachweisen. Da sich bestimmte Netzwerke im MdI und BMI finden, kann aber daraus geschlossen werden, dass diese Mitglieder verstärkt Personen „aus den eigenen Reihen“ ins Ministerium holten.

Im MdI hatten besonders die Netzwerke aus Mitgliedern der Exilgruppen, der Kommunistischen Partei oder der Fachwissenschaft Einfluss auf die Einstellungspolitik. Besonders letzteres Netzwerk ermöglichte seinen Mitgliedern, durch gegenseitige Empfehlungsschreiben oder Persilscheine das Anknüpfen an ihre Berufe vor 1945 oder bewahrte sie zum Teil vor unerwünschten Maßnahmen der SED, wie etwa vor Versetzungen oder Entlassungen. Das antifaschistische und kommunistische Selbstverständnis der DDR bestimmte zudem die Personalpolitik im MdI, weshalb die Zugehörigkeit zu einem kommunistisch geprägten Netzwerk ein wichtiges Einstellungskriterium darstellen konnte.

Im BMI basierten vor allem in der Gründungsphase Einstellungsentscheidungen häufig auf Vorschlagslisten oder persönlichen Empfehlungen. Hierfür waren Netzwerke besonders wichtig und hilfreich. Allerdings waren Personalentscheidungen auch in der frühen Phase bestimmten Grundvoraussetzungen für eine Einstellung unterworfen. Dazu gehörten sowohl die fachliche Qualifikation, die berufliche Erfahrung, als auch die Konfession der Bewerberinnen und Bewerber. In manchen Positionen gehörte dazu ebenfalls die Parteizugehörigkeit. Hinsichtlich ihrer NS-Belastung war es wichtig, eine Biographie vorzuweisen, die gegenüber der politischen Öffentlichkeit vertretbar erschien. Die Bewertung, wer oder welche Tätigkeit in der Öffentlichkeit als belastet galt, wandelte sich mit der Zeit (siehe auch Belastungsbegriff und Entnazifizierung).

Sowohl im BMI als auch im MdI mussten also bestimmte Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Bewerbung erfüllt sein. Im MdI wurde zudem verstärkt auf kommunistische Gesinnung oder positive Beurteilung durch die sowjetischen Besatzungsmächte geachtet. Im BMI spielten auch Faktoren wie die Konfession eine Rolle. In beiden Innenministerien konnten jedoch Netzwerke und Hinweise auf Bekanntschaften letztlich ausschlaggebende Faktoren einer Einstellung sein. Die entscheidende Auswirkung von Netzwerkzugehörigkeit auf die Personalpolitik, vor allem im BMI, war jedoch eben jene Einstellung von belasteten Personen und somit die Kontinuität zur NS-Zeit.

Stella Krekeler

Zu Netzwerken und Personalpolitik

Dr. Frieder Günther
Historiker am Institut für Zeitgeschichte München - Berlin

Dr. Franziska Kuschel
Historikerin am Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam

Zeitgeschichte zum Thema