MdI

Friedrich Dickel

(1913-1993)

Als Agent des sowjetischen Militärgeheimdienstes wurde Friedrich Dickel im Zweiten Weltkrieg enttarnt und gefoltert. In der DDR half er beim Aufbau der Nationalen Volksarmee (NVA) und stand über zwei Jahrzehnte dem MdI vor.

Fotograf: Wolter / Quelle: BArch DO 101 Bild-CVIII-13A-09 (Bildausschnitt)

Ein Geheimagent prägt den Aufbau der DDR-Streitkräfte

Nach Friedrich Dickels Aktivitäten zwischen 1931 und 1945 erscheint seine steile Karriere in den Bewaffneten Organen der DDR folgerichtig. Am Ende des Zweiten Weltkrieges war er nicht nur kampferprobt, sondern obendrein erfahrener Geheimagent.

Vor der nationalsozialistischen Machtübernahme im Straßenkampf für die Kommunisten aktiv, kam Dickel 1933 für einige Wochen in „Schutzhaft“. Im Anschluss daran emigrierte er auf Geheiß der KPD zunächst in das noch unter internationaler Verwaltung stehende Saargebiet und war dort Instrukteur für Jugendarbeit. Ähnliche Arbeit verrichtete er 1934 in Paris, bevor er nach Amsterdam ging und dort für die Organisation der kommunistischen Emigranten verantwortlich war.

Mit Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges 1936 schloss sich Dickel den Internationalen Brigaden im Kampf gegen die Faschisten unter General Franco an. Schon ein Jahr später wurde er, zusammen mit anderen Interbrigadisten, für einen nachrichtendienstlichen Lehrgang in die Sowjetunion berufen. Hier erhielt Dickel eine Ausbildung zum Funker.

Nach zweimaligem Spionageeinsatz in Griechenland wurde Dickel 1941 in das von Japan besetzte Shanghai entsandt, um für die sowjetische Militäraufklärung zu arbeiten. Ein Jahr später enttarnte die japanische Spionageabwehr den Agentenring und nahm seine Mitglieder fest. In den Verhören, die von Folter und Misshandlung geprägt waren, gestand Dickel seine falsche Identität und seine Zugehörigkeit zum sowjetischen Geheimdienst. Ein japanisches Kriegsgericht verurteilte ihn 1943 zu fünf Jahren Haft, die mit der Besetzung Shanghais durch US-amerikanische Truppen endete.

1946 reiste Friedrich Dickel über Moskau in die SBZ. In Leipzig durchlief er mehrere Stationen bei der Volkspolizei und leitete dort verschiedene Polizei- und Militärschulen.

Dickel war in seiner Funktion als stellvertretender Verteidigungsminister seit 1956 maßgeblich am Aufbau der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR beteiligt. Dabei übernahm er zwischenzeitlich auch Aufgaben im Bereich der „Öffentlichkeitsarbeit“. In Absprache mit sowjetischen Militärs traf er sich mit Abgeordneten der Volkskammer, denen er Argumente lieferte, wie die Bildung regulärer Streitkräfte in der Bevölkerung zu propagieren sei. Nach seiner Tätigkeit im Ministerium für Nationale Verteidigung sowie einem zweijährigen Studium an der sowjetischen Generalstabsakademie stand Dickel schließlich ab 1963 an der Spitze des MdI.

In den Kreis der Mächtigsten der DDR schaffte er es als Innenminister jedoch nicht: Das MdI agierte seit dem Mauerbau nur noch im Schatten des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Darüber hinaus war Dickel zwar Mitglied im Nationalen Verteidigungsrat sowie im Zentralkomitee (ZK) der SED, nicht aber im Politbüro. Damit war er in seiner Funktion als Innenminister sowohl dem MfS als auch den Mitgliedern des Politbüros de facto nachgeordnet.

Christian Schmitt

Innenminister Friedrich Dickel salutiert am 1. Mai 1957 vor einer Ehrenformation der Deutschen Volkspolizei.

Fotograf: Heinz Junge, Horst Sturm, Quelle: BArch Bild 183-46250-0015

Innenminister Friedrich Dickel salutiert am 1. Mai 1957 vor einer Ehrenformation der Deutschen Volkspolizei.

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Lebenslauf

9.12.1913: geboren in Wuppertal

1928-1931: Lehre zum Former und Gießer

1931: Eintritt in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD)

1931-1933: Funktionär im kommunistischen Jugendverband

1933: mehrmalige Verhaftungen

1933-1946: Emigration

1933-1936: (Jugend)-Arbeit für die KPD im unter internationaler Verwaltung stehenden Saargebiet, in Frankreich und in den Niederlanden

1936-1937: Kompaniechef bei den Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg

1937: Ausbildung beim sowjetischen Militärgeheimdienst in der UdSSR

1941-1946: Agententätigkeit für den sowjetischen Militärgeheimdienst in Shanghai, ab 1942 in japanischer Gefangenschaft

1946: Rückkehr in die UdSSR und anschließend in die SBZ

1947: Eintritt in die SED

1947-1953: Verschiedene Funktionen bei der Volkspolizei in Leipzig, Besuch der Höheren Polizeischule, Leitung verschiedener Polizei- und Militärschulen

1953-1956: Stellvertreter bzw. Leiter der Politischen Verwaltung der Kasernierten Volkspolizei (KVP)

1956-1957: Stellvertretender Minister für Nationale Verteidigung der DDR und Chef der Politischen Verwaltung der Nationalen Volksarmee (NVA)

1957-1959: Lehrgang an der Generalstabsakademie der UdSSR, Abschluss als Diplom-Militärwissenschaftler

1959-1963: Stellvertretender Minister für Nationale Verteidigung der DDR

1963-1989: Minister des Innern der DDR

1967-1989: Mitglied im Zentralkomitee (ZK) der SED

23.10.1993: verstorben in Berlin

Weitere Biografien