BMI

Dorothea Karsten

(1902-1985)

Ihre Weigerung, der NSDAP beizutreten, kostete sie vor 1945 die Aufnahme in das Beamtenverhältnis. Im BMI waren Dorothea Karstens Kompetenzen so gefragt, dass man für sie ein eigenes Referat einrichtete.

FotografIn: unbekannt / Quelle: BArch Pers 101 Bild-049695-001

Porträt aus der Personalakte von Dorothea Karsten, Datierung: 1954

Später Lohn für eine benachteiligte Beamtin

Mit abgeschlossenem Studium und anschließender Promotion gehörte Dorothea Karsten zu einer neuen Generation emanzipierter Frauen in der Weimarer Republik. Doch trotz der guten Ausbildung und viel Berufserfahrung musste sie lange warten, bis sie zur Beamtin auf Lebenszeit ernannt wurde. Ihre spürbare Zurückhaltung gegenüber dem Nationalsozialismus brachte ihr immer wieder berufliche Benachteiligungen ein. Karstens eher distanzierte Haltung äußerte sich insbesondere in der Weigerung der NSDAP beizutreten, wie auch in der Zugehörigkeit zur Bekennenden Kirche.

Bereits im März 1933, kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, wurde Karsten aus politisch-ideologischen Gründen aus dem Staatsdienst entlassen. Ihre Stelle beim Städtischen Wohlfahrtsamt Magdeburg hatte sie zu diesem Zeitpunkt seit gerade einmal drei Monaten inne. In der Folgezeit bildete sie sich zur Berufsberaterin weiter und bekam eine Anstellung beim Arbeitsamt Berlin-Friedenau. Dieses Mal dauerte es nur zwei Monate bis zu ihrer Kündigung, deren Grundlage nun das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums war.

Nicht zuletzt wegen des Mangels an Fachkräften kam Karsten dennoch immer wieder in der Verwaltung unter, 1941 sogar beim Reichsarbeitsministerium. Zwischenzeitlich hatte sie sich der NS-Frauenschaft und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt angeschlossen, um Kooperationsgemeinschaft zu signalisieren und weiteren Schikanen zu entgehen. Im Reichsarbeitsministerium setzte sich ihr Vorgesetzter 1943 für die Übernahme in das Beamtenverhältnis ein. Das war nur folgerichtig, entsprach ihre Tätigkeit doch bereits seit 1941 derjenigen einer Beamtin im höheren Dienst. Zur Verbeamtung kam es trotzdem nicht: Die Parteikanzlei legte ihr Veto ein.

Ganz anders lief es für Dorothea Karsten nach dem Krieg. Im Zuge der Entnazifizierung als nicht belastet eingestuft, wurde sie als Referentin für weibliche Arbeitsvermittlung beim Landesarbeitsamt Niedersachsen endlich in den Beamtendienst übernommen. Außerdem wurde man im BMI auf sie aufmerksam, wo sie die Leitung des Frauenkorreferats übernehmen sollte. Nach einer Unterredung mit Hans Ritter von Lex sagte Karsten jedoch ab. Ihre Entscheidung begründete sie mit abweichenden Vorstellungen insbesondere bei der personellen Besetzung des Korreferats sowie dessen Stellung innerhalb des Ministeriums; sie verlangte die Aufwertung zu einem vollständigen Referat.

Dass Karsten am Ende doch noch den Weg ins BMI fand, lag nicht zuletzt am Einsatz verschiedener Frauenverbände, die vehement ihre Anstellung als Referentin für Frauenfragen forderten. Das Ministerium reagierte, kam Karsten ein großes Stück entgegen und richtete schließlich nach ihren Vorstellungen das Referat „Rechtsstellung der Frau in Gesetzgebung und Verwaltung, Wahrung der besonderen Belange der Frau in allen Bereichen des öffentlichen Lebens“ ein.


Christian Schmitt

Ihr früherer Vorgesetzter bezeugt im Oktober 1925 die berufliche Benachteiligung Dorothea Karstens durch die NSDAP.

Quelle: BArch Pers 101, 49695

Ihr früherer Vorgesetzter bezeugt im Oktober 1925 die berufliche Benachteiligung Dorothea Karstens durch die NSDAP.

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Lebenslauf

10.3.1903: geboren in Gnoien

1922-1927: Studium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften und Promotion an der Universität Rostock

1925-1928: Praktikantin beim Landeswohlfahrtsamt Schwerin, anschließend staatliche Prüfung zur Wohlfahrtspflegerin

1928-1929: Bezirksfürsorgerin am Bezirkspflegeamt in Waren/Müritz

1929-1932: Schriftleiterin „Soziale Praxis“ (fachwissenschaftliche Wochenzeitung)

Januar-März 1933: Stellvertretende Leiterin der Familienfürsorge beim Städtischen Wohlfahrtsamt Magdeburg

Juli-August 1933: Berufsberaterin beim Arbeitsamt Berlin-Friedenau

Oktober 1933-1937: Berufsberaterin beim Arbeitsamt Berlin-Ost

1934: Eintritt in die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV)

1935: Eintritt in die NS-Frauenschaft

1937-1941: Leiterin der Vermittlungsstelle für Hauspersonal beim Arbeitsamt Berlin

1941-1945: Hilfsreferentin und Referentin in der Abteilung Arbeitsrecht beim Reichsarbeitsministerium Berlin

1945-1950: Referentin für die weibliche Arbeitsvermittlung beim Landesarbeitsamt Niedersachsen

1950-1963: Referatsleiterin „Rechtstellung der Frau“ im Bundesministerium des Innern

3.12.1985: verstorben

Weitere Biografien