MdI
Carl Steinhoff
(1892-1981)
Carl Steinhoff war promovierter Jurist, preußischer Spitzenbeamter und bis zur Gründung der SED Sozialdemokrat. Nach sieben Jahren in leitenden Funktionen in der Verwaltung der SBZ/DDR endete seine politische Karriere.
Nicht "sozialistisch" genug für ein Spitzenamt in der DDR?
Der erste Innenminister der DDR unterschied sich in mehreren Punkten deutlich von seinen Amtsnachfolgern. Willi Stoph, Karl Maron und Friedrich Dickel stammten allesamt aus proletarischen Milieus; nach der Schule hatte jeder von ihnen einen Beruf erlernt. Sie waren in jungen Jahren der KPD beigetreten und hatten sich ab den frühen 1930er Jahren am kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt. Anders Carl Steinhoff: Der Beamtensohn hatte die Schule mit dem Abitur abgeschlossen, Rechtswissenschaft studiert und war promoviert worden.
Nach dem Ersten Weltkrieg arbeitete Steinhoff vorrübergehend unter anderem bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld, bevor er 1921 die große juristische Staatsprüfung ablegte. 1922 trat er als Beamter in den Dienst des Reiches ein und wurde zum Hilfsarbeiter im Reichsministerium des Innern (RMI) berufen. 1923 trat er in die SPD ein und wechselte zugleich in den sächsischen Staatsdienst. Drei Jahre später wurde er schließlich preußischer Beamter und stieg bis 1929 zum Vizeoberpräsidenten der Provinz Ostpreußen auf.
Aufgrund seines Bekenntnisses zur Sozialdemokratie erfolgte 1933 seine Entlassung aus dem Staatsdienst. Das NS-Regime verbot Steinhoff zudem eine Zulassung als Rechtsanwalt. Erst 1940 fand er Wiederanstellung als Rechtsberater in einer Berliner Kartonagenfabrik. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges lebte er zurückgezogen mit seiner Familie in der Nähe von Potsdam.
1945 wurde er von der Sowjetischen Militäradministration zum Präsidenten der brandenburgischen Provinzialverwaltung berufen und 1946 zum ersten Ministerpräsidenten von Brandenburg ernannt. Im Oktober 1949 trat Steinhoff schließlich an die Spitze des neuen Innenministeriums der DDR. Die Zwangsvereinigung von SPD und KPD zur SED hatte er entschieden befürwortet; auch war Steinhoff trotz seiner SPD-Vergangenheit rasch in den innersten Führungszirkel der SED aufgestiegen.
1952 erfolgte dennoch seine Entlassung als Innenminister, da SED und KPdSU nicht länger einen „zivilen“ Mann an der Spitze des MdI für nötig hielten. Die militärische Stoßrichtung des Ministeriums musste in der DDR nicht länger kaschiert werden. Vonseiten der SED geduldet, wurde Steinhoff ab 1952 Professor für Verwaltungsrecht an der HU Berlin. Dieses Amt musste er Mitte der 1950er Jahre gesundheitlich bedingt aufgeben. Bis zu seinem Tod im Juli 1981 lebte Steinhoff erneut zurückgezogen – gleichwohl von der SED weiterhin mit Orden und Auszeichnungen bedacht – in der Nähe von Potsdam.
Christian Schmitt
Lebenslauf
24.11.1892: geboren in Herford/Westfalen
1910-1921: Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten Freiburg, München, Königsberg (Kaliningrad), Berlin und Münster, anschließende Promotion an der Universität Erlangen
1914-1916: Teilnahme am Ersten Weltkrieg
1916-1918: Verwaltungsdienst für die Kaiserliche Werft Wilhelmshaven
1921: Große juristische Staatsprüfung
1922-1923: Hilfsarbeiter im Reichsministerium des Innern (RMI)
1923: Eintritt in die SPD
1923-1929: Verschiedene Tätigkeiten in der sächsischen und preußischen Verwaltung
1929-1932: Vizeoberpräsident der Provinz Ostpreußen
1933: Entlassung aus dem Staatsdienst, Verbot der Zulassung als Rechtsanwalt
1940-1945: Rechtsberater in einer Berliner Kartonagenfabrik
1945: erneuter Eintritt in die SPD
1945/46: Ernennung zum ersten Präsidenten der Provinzialverwaltung Mark Brandenburg
1946: Eintritt in die SED
1946-1949: Erster Ministerpräsident des Landes Brandenburg
1949-1952: Erster Minister des Innern der DDR
1949/50: Kandidat des Parteivorstandes der SED
1947-1952: Nebenamtlicher Dozent für Verwaltungskunde der Humboldt-Universität zu Berlin
1949 bis 1954: Mitglied des ZK der SED
1952-1953: Professor mit vollem Lehrauftrag im Fach Verwaltungsrecht der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin
19.7.1981: verstorben in Ost-Berlin